Es war seit vielen Generationen so Sitte sich aus einem Wurf junger Katzen ein Katzenbaby auszusuchen und mit nach Hause zu nehmen. Möglichst jung sollte das kleine Wesen noch sein. Man versprach sich davon eine leichtere Erziehbarkeit und größere Anpassungsfähigkeit als von älteren Tieren. Auch sollte das Kätzchen allein gehalten werden. Schließlich sollte es sich ja dem Menschen anschließen und nicht durch Artgenossen abgelenkt werden. So wurden und werden heute noch unzählige Katzenwelpen im Alter von 6-8 Wochen von der Mutter und den Geschwistern getrennt, in der Hoffnung einen leicht formbaren anschmiegsamen Hausgenossen zu bekommen. Ein Trugschluss, wie er nicht größer sein könnte!
Gerade in diesem Welpenalter brauchen die jungen Katzen ihre Mutter und vor allem die Gesellschaft junger gleichaltriger Katzen um das nötige Sozialverhalten zu lernen. Hier geht es in erster Linie um das Lernen von Vorsicht im Umgang mit Artgenossen und vom Aufbau der Frusttoleranz.
Wenn junge Katzen miteinander spielen und raufen, dann erziehen sie sich dabei gegenseitig. Spielt eine der Katzen zu grob, wehrt sich die andere Katze und das schöne Spiel ist unter Umständen sehr schnell zuende. Das führt dazu, dass die junge Katze lernt vorsichtiger zu sein. Sie lernt im Spiel mit Artgenossen auch, dass nicht immer alles nach ihrem Willen zugeht. Die Katze lernt im Welpenalter grundlegende Verhaltensweisen, die sie später auf den Menschen übertragen kann. Vorsicht und Toleranz sind Grundvoraussetzungen für ein entspanntes Zusammenleben mit dem Menschen.
Fehlen diese sozialen Kontakte im Welpenalter der Katze, z.B. bei Handaufzuchten und bei Katzen, die vor der 12. Woche von Mutter und Geschwistern getrennt werden, kann es im Laufe der Zeit zu schweren Verhaltensstörungen führen. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn die Katze einzeln gehalten wird. Katzen brauchen soziale Kontakte mit Artgenossen. Der Kontakt mit Menschen reicht erfahrungsgemäß nicht aus, um eine junge Katze entsprechend zu sozialisieren.
Anzeichen bzw. Folgen dieser fehlenden Kontakte können sein:
– sehr grobes bis aggressives Spielen
– heftiges Zubeißen während des Spiels
– den Menschen in die Beine springen
– wenig Frusttoleranz – reagiert auf Zurechtweisung unvermittelt aggressiv
– Katze reagiert auf kleinste Reize und Auslöser (Geräusche, Gerüche) ängstlich bis extrem aggressiv
– Hyperaktivität
– Angststörungen – panisches Verhalten
– Unsauberkeit
– verstärktes Markierverhalten (mittels Urin und / oder Kratzmarkieren)
– Depressionen
Daher kann ich jedem Katzenhalter, der sich mit dem Gedanken trägt ein Katzenbaby aufzunehmen, nur dringend ans Herz legen, eine zweite Katze mit dazu zu nehmen – möglichst vom gleichen Wesen und gleichen Geschlecht. Die Katzen sollten mindestens 12 Wochen alt sein, besser wäre es ab der 14. Woche.
Wenn die Katze erst erwachsen ist und lange Zeit als Einzelkatze gehalten wurde, ist es für eine Vergesellschaftung irgendwann zu spät. Dann ist eine Gewöhnung an Artgenossen meist nicht mehr möglich. Und den Verhaltensproblemen, die durch die Einzelhaltung entstanden sind, ist dann fast nicht mehr bei zu kommen. Gerade, wenn die Katze stark aggressive Verhaltensweisen zeigt, kann das ein weiteres Zusammenleben im Haushalt unter Umständen unmöglich machen. Lassen Sie es daher bitte nicht soweit kommen. Geben Sie Ihrer Katze von Anfang an einen artgerechten Start ins Leben.
Zur Anschaffung einer Zweitkatze oder bei einer Katzenzusammenführung berate ich Sie gern.